Neues Pflegekonzept für Kufstein

Derzeit gibt es in Kufstein genügend Pflegebetten, allein in Zell sind 12
Zimmer frei. Diese können wir aber nicht nutzen, weil das Personal fehlt.
Die Situation ist hier in Kufstein und anderen Gemeinden ganz ähnlich, eine
Beendigung dieses Personalnotstandes ist nicht zu erwarten. Einerseits
verlassen junge Menschen scharenweise ihre Ausbildung, andererseits wollen
auch bestehende Kräfte den Beruf aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre
verlassen. Die Maßnahmen des Landes sind aus meiner Sicht in keiner Weise
geeignet, dieses Problem zu lösen. Auch das derzeit angedachte Darlehen für
Pflegekräfte in Ausbildung ist aus meiner Sicht in Irrweg. 

Ich gehe nicht davon aus, dass Bund und Land das Problem lösen werden, trotzdem muss es gelöst werden, weil ja die Auswirkungen katastrophal wären. Meine Vorschläge für die Lösung der Probleme auf Landesebene wäre eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte, eine Verkürzung von deren Normalarbeitszeit und eine
durchgehende Bezahlung schon während der Ausbildung. Das ist alles nicht
billig, im Vergleich zum sich sonst auftuenden Problem allerdings aus meiner
Sicht noch immer die beste Lösung.


In dieser Frage habe ich gemeinsam mit der Heimleitung, Vzbgm. Brigitta Klein
und Finanzdirektor Peter Borchert eine andere Lösung gesucht. Wir haben dabei über
Vermittlung unseres Pflegedienstleiters einen Mann gefunden, der als
vormaliger Leiter des Pflegeheimes in Völs bereits vor zehn Jahren von der
Gemeinde den Auftrag erhalten hat, ein neues Konzept zu erstellen. Damals
stand die Pflege in Völs am Anschlag, das Heim war praktisch ständig bis auf
den letzten Platz besetzt, es drohte mittelfristig ein Mangel an freien
Pflegebetten. Das dort nun von vielen Experten mit Bürgerbeteiligung und
Beteiligung des Personals erstellte Konzept war letztlich so erfolgreich,
dass heute die Gemeinde Völs so viele freie Betten im Altenwohnheim hat,
dass dort Bürgerinnen und Bürger aus anderen Gemeinden aufgenommen werden
können. 

Damit das möglich ist muss eine Struktur aufgebaut werden, die auch noch
andere Lösungen möglich macht, als alte Menschen in ein Altenwohnheim in die stationäre Pflege zu bringen. 

Diese vorgelagerte Struktur sieht im Wesentlichen so aus, 

  • dass es eine völlige Trennung zwischen jenen Personen gibt, die individuell für ältere Mitmenschen die für sie günstigste Form der Betreuung bzw. Pflege suchen,
  • und jenen, die in dieser Struktur das dafür notwendige Angebot bereitstellen.

Dieses Angebot besteht aus

  • Kurzzeitpflege (zB Entlastung pflegender Angehöriger während des Urlaubs oder notwendige Pflege nach einem Spitalsaufenthalt, die aber nicht auf Dauer notwendig sein wird),
  • Tagespflege (Angehörige verbringen einen oder mehrere Tage in einer
    Einrichtung, verbringen den Rest des Alltages aber zuhause und werden dort gepflegt,
  • Betreutes Wohnen (im Sinne eines wirklichen Betreuten Wohnens in
    schönen Wohnungen mit einer Vor-Ort-Betreuung) oder eben 
  • stationäre Pflege in einem Altenwohnheim. Daneben könnte man auch noch
  •  andere Wohnformen andenken, wie etwa Wohngemeinschaften älterer Menschen.

Dazu wird die Struktur der Pflege auch insofern aufgelöst, als Pflegekräfte
unabhängig davon, ob sie im Altenwohnheim oder beim Sozialsprengel arbeiten, freiwillig in beiden Einrichtungen tätig sein können
. Es wäre also möglich, dass jemand einige Tage im Altenwohnheim, und andere wiederum im Sozialsprengel, sei es in der Heimbetreuung oder in der Tagesbetreuung arbeitet.

Dies ist einerseits die für Gemeinden finanziell günstigste Lösung, da ja
diese Wohnungen beispielsweise von den betreuten Menschen selbst bezahlt werden, andererseits aber wohl auch die humanste Lösung, wenn man davon ausgeht, dass Menschen eigentlich die gelindeste Form des Eingriffes in ihre Lebensführung bevorzugen werden.

Ich habe hier schon Vorgespräche mit der Neuen Heimat geführt, dort kann vielleicht noch im heurigen Jahr beim Neubau der Siedlung in Sparchen solche Wohnungen vorsehen,  wenn das aufgrund von zu vielen Absiedlern nicht möglich sein sollte, wäre dies in zwei Jahren der Fall. Das muss man natürlich in weiterer Folge auf alle Ortsteile von Kufstein umlegen.

Dies braucht einen entsprechenden Prozess, den wir in Kürze einleiten
wollen,
 damit wir die Menschen laufend von unserem Vorhaben informieren und gleichzeitig auch das Personal nicht „überfahren“. Man muss hier sicherlich auf Freiwilligkeit setzen, bei Neuanstellungen könnte auch eine Verpflichtung zur Tätigkeit in mehreren Einrichtungen vorgesehen werden. Den Sozialsprengel als solches könnte man unter Umständen in die Stadt oder allenfalls gemeinsam mit der städtischen Einrichtung in eine gemeinnützige Gesellschaft eingliedern.

Die Diskussion und der Dialog darüber soll jedenfalls in Kürze geführt werden, weil wir nicht darauf warten dürfen, bis Bund oder Land das Problem lösen.

Mag. Martin Krumschnabel, 

Bürgermeister